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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Gender heißt...

Materialien

Gender und demokratische Schule

Gender heißt...

... soziales und kulturelles Geschlecht. Dieser aus dem Englischen übernommene Begriff wird verwendet, um zu verdeutlichen, dass es neben einem biologischen Geschlecht auch eine soziale Dimension gibt. Geschlecht gilt aus dieser Perspektive als ein Konstrukt, eine Zuschreibung, die über gesellschaftliche und kulturelle Prozesse, z.B. Sozialisation und Interaktion, erfolgt. Eine solche geschlechtsspezifische Zuschreibung könnte z.B. so funktionieren: Im Geschichtsunterricht geht es vornehmlich um große Taten großer Männer. Mädchen, die unter diesen Umständen vielleicht wenig Initiative im mündlichen Bereich des Unterrichts zeigen, werden aber allzu schnell als desinteressiert in Bezug auf Geschichtsunterricht abgestempelt – ein durchaus verbreitetes Klischee. Dies kurze Beispiel soll keinesfalls eine Erklärung des Klischees sein, soll als Beispiel aber die Dimension des Phänomens aufzeigen, mit dem man es hier zu tun hat.

An diesem Punkt setzen in der Forschung unterschiedlichste Fragestellungen an. Beispielsweise kann erfragt werden, „wie die Regeln des ‚Vergeschlechtlichens’ (gendering) funktionieren, z.B. in den Interaktionen des Unterrichts" (POLIS, Richter 2004: 10). Der feministische Diskurs kreist um Fragen von Differenz und Gleichheit der Geschlechter. Gibt es typisch männliche und typisch weibliche Charakteristika oder sind alle Menschen gleich? Hier betonen Faulstich-Wieland et al. das Ergebnis von Analysen, dass Eigenschaften, Verhaltensweisen, Fähigkeiten usw. keineswegs einem der Geschlechter zuzuordnen seien und plädieren daher für eine Skepsis gegenüber dem Begriff Geschlechtsspezifik (Faulstich-Wieland et al. 2004: 14). Weiterhin gibt es Ansätze, die die in unserer Kultur verbreitete Annahme vom Bestehen zweier biologischer Geschlechter in Frage stellt, denn auch hier gibt es über die Geschichte der Menschheit hinweg unterschiedliche Interpretationen.
Für Unterricht und Schule ergeben sich beispielsweise folgende Fragen: Gestalten Lehrer/-innen die Interaktion im Unterricht geschlechtsspezifisch, geben sie beispielweise einem der Geschlechter bevorzugt das Wort oder sprechen sie Ermahnungen vermehrt in Bezug auf ein Geschlecht aus? Wenn ja, ist dies im tatsächlichen Verhalten der Lernenden begründet oder drückt sich darin lediglich eine subjektive Wahrnehmung aus?
Was ist dran am Klischee, dass Mädchen sprachlich und musisch „begabter" sind und Jungen in Politik und Naturwissenschaften?
Warum bekommen Jungen im Sportunterricht selten die Möglichkeit an rhythmischer Sportgymnastik teilzunehmen bzw. Mädchen, am Boxen teilzunehmen?
Wodurch ergibt sich die geschlechtsspezifische Verteilung des Lehr- und Führungspersonals, beispielweise die Dominanz von Frauen an Grundschulen oder von Männern in leitenden Positionen?

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