Demokratiepädagogik: Lernen für die Zivilgesellschaft
Beutel, Wolfgang & Fauser, Peter (Hrsg.) (2007). Demokratiepädagogik: Lernen für die Zivilgesellschaft. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag. 224 Seiten, 19,80 €. ISBN: 978-3-89974227-5
Seit Jahren besteht in der Fachöffentlichkeit ein offener und zum Teil auch verdeckter Disput zur politischen Bildung über das Thema "Demokratiepädagogik". Dieser Disput nahm seinen Anfang im Jahre 2001, als die Autoren Wolfgang Edelstein und Peter Fauser in einem Programmgutachten (Expertise) den von Bund und Ländern gemeinsam
geförderten Modellversuch "Demokratie lernen und leben" begründeten. Die Exponenten dieses Streites sind auf der einen Seite die Vertreter der etablierten Disziplinen der politischen Bildung und auf der anderen Seite die Protagonisten des BLK-Modellversuchs. Um was geht es in diesem Streit? Die Vertreter des Projektes "Demokratie lernen und leben" formulieren übergreifende Zielstellungen, wonach die Entwicklung und Förderung demokratischer Handlungskompetenzen auf individueller Ebene zutiefst mit der Weiterentwicklung einer demokratischen Schulkultur auf der institutionellen Ebene verbunden sind. Demnach sind Selbstwirksamkeitserfahrungen und sozialkognitive Entwicklungen bei Heranwachsenden der entscheidende Schlüssel in der Erziehungskonzeption, um interkulturellen Differenzen, Konflikten und Erscheinungen von Rassismus und Gewalt zu begegnen. Der Gegenseite erscheint dieses Vorgehen hingegen als zu kurz gesprungen. Handeln und Erfahrungen als diejenigen Begründungszusammenhänge herauszustellen, um so komplexe Begriffe wie "Politik", "Bildung", "Demokratie" und "Pädagogik" abzubilden, ist zu kurzschlüssig, wenn sie nicht gleichzeitig auch auf die gewonnenen Traditionen der Politikdidaktik zurückgreifen. Und da Diskurse in unserer Zeit immer auch ein gerütteltes Maß an Unterhaltungswert beinhalten müssen, behauptete schließlich Massing (ein Hauptprotagonist der Gegenargumente zu diesem BLK-Modellversuch), dass das gesamte Programm einer gutmenschenphilosophie entspränge, das sich zum Thema "Demokratie und Politik" etwa so verhielte wie "ein Maggi-Würfel zu einer Rinderherde". Mit dem vorliegenden Band versuchen die Herausgeber, einen Strich unter dieser Polemik zu ziehen. Sie definieren in umfangreicher Weise den Begriff der Demokratiepädagogik und präsentieren ihn in all seinen vielfältigen Schattierungen. Da ist von demokratischer Handlungskompetenz die Rede, die schließlich in "Standards für Mündigkeit" messbar werde. Da erfahren wir etwas über fachliche und über schulpädagogische Aspekte des Projekts "Demokratie lernen" und der politischen Bildung und wir lesen Vielfältiges aus den verschiedenen Projektwerkstätten der Demokratie. Den Herausgebern ist es mit diesem Band gelungen, die Diskursstränge weitestgehend miteinander zu verbinden. Und dies nicht nur, weil sie einige Vertreter der fachdidaktischen Position zu ihrem Symposium nach Stuttgart eingeladen haben. Das gilt zuerst und vor allem, weil es Ihnen gelungen ist, am Ende des Bandes und vor dem Hintergrund der nunmehr fünfjährigen Erfahrungen mit dem BLK-Modellversuch zu definieren, was sie unter Demokratiepädagogik verstehen. Die Herausgeber und Autoren haben mit diesem Buch einen Beitrag zum zeitgemäßen Umgang mit dem Begriff "Politische Bildung" geleistet.
Dr. Jan Hofmann, Direktor des LISUM Berlin-Brandenburg
03.12.2005
(Autor hier angeben)
Schlagworte: Demokratiepädagogik (allg.)